Durch die Schul- und Kitaschließungen verändern sich Tagesabläufe immens. Familien müssen ihren Alltag auf die neue Situation umstellen. Durch den Umstieg auf Online-Lehre stellt sich neben vielen anderen auch die Frage nach Zeitmanagement – für Lehrende genauso wie für Lernende.
Das synchrone Lernen bietet die Möglichkeit zeitgleich mit den Schüler*innen in Kontakt zu sein, z.B. über Chats oder Unterricht über Videokonferenzen. Vorteile des synchronen Lernens sind die Möglichkeiten für direktes Feedback, für schnelle Hilfestellungen und damit die Schüler*innen sich alle gleichzeitig sehen.
Asynchrones Lernen hingegen kann sowohl offline als auch online stattfinden. Hierbei werden Aufgaben bereitgestellt, die dann zeit- und ortsunabhängig von den Schüler*innen bearbeitet werden können. Ein Vorteil des asynchronen Lernens ist dabei, dass die Lernenden selbst das Tempo ihres Lernens bestimmen können. Sie haben dann keine „Mathestunde“, sondern bearbeiten Aufgaben A, B und C in der Zeit, die sie dafür benötigen: Wenn sie fertig sind, sind sie fertig. Durch die nicht länger festgelegten Schulzeiten ist eine Integration in den nun außergewöhnlichen Alltag der Schüler*innen, aber auch deren Familien möglich.
Viele Beobachter*innen empfehlen eine Mischung: Vor allem die Umstellung auf asynchrones Lernen, und mit regelmäßigem zeitgleichen und kurzen Zusammenkommen.
Drei Perspektiven auf die Frage: synchrones oder asynchrones Lernen?
Möchten Sie synchrone Lernsettings während der Schulschließungen einführen? Maha Bali und Bard Meier empfehlen, erst die folgenden Fragen zu berücksichtigen (übersetzt mit Hilfe von Paul Schabaker von Hybrid Pedagogy):
Pädagogisch
- Würde die Aufgabe durch zusätzliche Reflexion profitieren?
- Würde die Aufgabe durch zusätzliche Recherche profitieren, die Schülerinnen und Schüler in die Diskussion einbringen können?
- Benötigt die Aufgabe Audio- und Videoinhalte, die für späteres Feedback separat aufgenommen und hochgeladen werden können? Oder sind spontane, sprachliche Rückmeldungen ein wichtiger Bestandteil der Lernziele (beispielsweise bei Sprachunterricht)?
- Benötigt die Aufgabe Synchronizität, aber nicht zwingend audiovisuelle Inhalte? Ziehen Sie textbasierte Chats in Betracht (beispielsweise auf der schulinternen Software), aber beachten Sie die Fälle an Informationen, die besonders in größeren Gruppen auftreten kann.
- Gewinnt die Interaktion von der Kommunikation zwischen vielen Schülerinnen und Schülern? Dieser Mehrwert tritt vor allem bei asynchronen Texten auf.
Logistisch
- Können die meisten Ihrer Schülerinnen und Schüler vollständig an synchronen Unterrichtsstunden teilnehmen? (Sind sie, z.B. von der Betreuung kleinerer Geschwister befreit?)
- Wie groß ist die Klasse? Interaktionen in großen Klassen lassen sich asynchron besser handhaben, können aber auch davon profitieren, die Lernenden in Kleingruppen aufzuteilen.
- Befinden sich die Teilnehmenden in unterschiedlichen Zeitzonen, oder sind sie in Gruppen um die Welt verteilt?
Ethisch
- Haben Schülerinnen und Schüler gleichen Zugang zu ausreichender Infrastruktur für synchrone (bspw. ohne Stromausfälle) und bandbreitenintensive Interaktionen (für synchrone Audio- und Videoinhalte)? Sollte dies auch nur einer Schülerin oder einem Schüler nicht zur Verfügung stehen, haben Sie ein Gerechtigkeitsproblem.
- Gibt es Schülerinnen und Schüler mit sprachlichen oder anderen Lernschwierigkeiten, denen es helfen würde, in ihrem eigenen Tempo zu arbeiten? Falls ja, sollten Sie asynchrones Arbeiten in Betracht ziehen.
- Gibt es in Ihrer Klasse Minderheiten oder Lernende, die schüchtern sind, nur ungerne laut sprechen oder von ausdrucksstärkeren Schülerinnen und Schülern eingeschüchtert werden? Weisen nicht alle Lernsituationen einige dieser Probleme auf? Asynchrones Lernen schafft diesen Schülerinnen und Schülern Raum, ohne gleichzeitig die stärkeren und dominanteren Lernende einzuschränken.
Und wir fügen dazu:
- Haben Sie Schüler*innen, die zuhause den Rechner mit ihren im Home Office arbeitenden Eltern teilen?
- Gibt es Schüler*innen, die zuhause auf kleinere Geschwister aufpassen, weil ihre Eltern in kritischen Berufen arbeiten?
- Sind Schüler*innen sehr besorgt – und deswegen abgelenkt und weniger konzentriert – wegen der aktuellen Lage?
Hier finden Sie noch einige weitere Links zum Thema synchrones/asynchrones Lernen, Tipps für erfolgreichen Online-Fernunterricht, sowie mögliche Tools.
- Auf Hybrid Pedagogy finden Sie zu den oben vorgestellten Fragen einen ausführlichen Artikel zum Thema „Asynchrones Lernen“ (englisch)
- In dem Twitter Thread von Sebastian Eisele wird ein Online-Klassenraum mit asynchronen Lernelementen vorgestellt und diskutiert
- Unter dem Motto „Learning keeps going„ werden hier unter anderem 10 Strategien zur Planung von Online-Unterricht vorgestellt, die asynchrone Lernmöglichkeiten als wichtige Elemente betrachten
- Tipps, wie man eine Online-Diskussion anleiten kann, gibt Catlin Tucker über einen Twitter Thread
- Martin Lentzen gibt Tipps in Form von „8 Rezepte[n] für erfolgreichen Fernunterricht„
Um eine direkte Kommunikation in synchronen Lerneinheiten zu ermöglichen, bieten hier einige Anbieter ihre Software an. Soweit wir sehen können, sind sie wirklich kostenlos, ohne versteckte Kosten oder automatische Vertragsverlängerung:
- Für Schulen die noch kein Lernmanagementsystem haben: die HPI Schul-Cloud steht jetzt für alle Schulen zur Verfügung.
- Das System „Schulmanager“ bietet zur Zeit aufgrund der Schulschließungen einen Messenger an, der kostenlos genutzt werden kann.
- Die (andere) SchulCloud ist eine „Alternative zu WhatsApp“ die datenschutzkonform nach DSGVO ist und Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verspricht.
- Riot ist ein kostenloser und open source Messenger, der verstärkte Sicherheit verspricht. Daten können – wenn wir richtig verstehen – auf dem schuleigenen Server gespeichert werden.
Foto von Compare Fibre auf Unsplash